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Die Lage in Kabul und in Afghanistan

Zur Absicherung ihres ungehinderten Abzuges aus Afghanistan hat die Trump-Administration mit den Taliban einen Vertrag abgeschlossen. Damit beenden die USA einen Krieg, den sie seit Oktober 2001 führen und den sie, wie die Sowjetunion vor ihnen, verloren haben. Sie hinterlassen ein Land, dem im Augenblick eine Regierung fehlt und das zwischen politischen Partikularinteressen und den Ethnien der Paschtunen, Tadjiken, Hazara und Usbeken zerrissen ist.

In Kabul beanspruchen zwei Parteien die Präsidentschaft und damit die Regierungsgewalt. Die eine Partei ist jene des Paschtunen Ghani und die andere ist jene des Tadjiken Abdullah. Beide üben heute keinen Einfluss und keine Wirkung auf die Politik und das Geschehen in Afghanistan aus. Sie sind beide ohne Macht.

Die afghanische Armee, die, zusammen mit der nationalen Polizei, die Sicherheit der Menschen in Afghanistan garantieren sollte, hat die Kontrolle über wichtige Städte und Ortschaften im Süden, im Osten und im Nordosten von Afghanistan verloren. Die afghanischen Sicherheitskräfte dienen heute nur noch als Ziele von Anschlägen ihrer Gegner und verlieren dadurch immer wieder Soldaten.

Die wirkliche Macht in Afghanistan üben die nationalistischen Taliban und ihre Gegner, der Islamische Staat (Provinz Khorasan, ISKP) aus. Zur Durchsetzung ihres Machtanspruchs führen beide terroristischen Organisationen Anschläge durch, der Islamische Staat vor allem auf die Einrichtungen und Moscheen der schiitischen Minderheit, so insbesondere in Kabul. Brutal werden bei diesen Anschlägen unschuldige Menschen getötet. In dieser Auseinandersetzung zwischen den zwei gleichermassen brutalen Organisationen dürften sich die Taliban als Sieger durchsetzen.

Die Situation in Kabul lässt sich wie folgt zusammenfassen: Niemand hat die Macht und den Willen die Ordnung durchzusetzen. Unschuldige werden getötet und jeder Uniformenträger ist ein Ziel für Anschläge. Angesichts dieser Lage und des nichtdurchdachten Abzuges der USA und ihrer Alliierten werden die Menschen in Afghanistan wieder einmal um die Hoffnung auf einen Frieden betrogen und wie immer in der beinahe dreihundertjährigen Geschichte von Afghanistan durch ausländische Freunde verraten.