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Der Apache Geronimo; Kriegshäuptling, Medizinmann und Schamane!

Geronimo erhielt von seinen Eltern den Namen Goyahkla, der Gähnende. Geboren wurde er in Arizona, das damals Teil von Mexiko war. Aufgrund der Tatsache, dass er bereits 1850 verheiratet war und drei Kinder hatte, wird seine Geburt heute auf das Jahr 1823 angesetzt.[1] Ursprünglich wurden sieben Stammesgruppen als Apachen bezeichnet: Navajo, westliche Apachen, Chiricahua, Mescalero, Jicarilla, Lipan und Kiowa-Apachen.[2] Zur Zeit der Geburt von Geronimo sahen sich nur die Jicarilla, die Mescalero und die Chiricahua als eigentliche Apachen an. Die Jicarilla lebten in den Bergen, die sich vom heutigen New Mexico bis nach Colorado erstreckten. Die Mescalero lebten südlich der Jicarilla und die Chiricahua bewohnte die Bergregionen von New Mexico und des Südwestens des heutigen Arizonas. Bei den Chiricahua wurde zwischen den westlichen und den östlichen Unterstämmen unterschieden. Die östlichen Chiricahua gliederten sich wiederum in die Mimbreños und die Mogollon. Zu den letzteren gehörte der Unterstamm der Bedonkohe, dem die Vorfahren von Geronimo angehörten. Er entstammte einer alten Häuptlingsfamilie. Sein Grossvater war ein Häuptling gewesen und sein Vater ein berühmter Krieger. Die Bedonkohe waren aufgrund ihrer Überfälle auf spanische und später mexikanische Siedlungen gefürchtet. Geronimo wurde zum Krieger und zum Medizinmann erzogen.[3]

Den Spaniern gelang es nach ihrer Eroberung von Mexiko trotz gross angelegter Militäroperationen nie, die Apachen zu unterwerfen. Zwischen den Apachen und den Spaniern und später den Mexikanern herrschte ein immerwährender blutiger Krieg. Die Mexikaner versuchten nach ihrer Unabhängigkeit von Spanien, die Apachen auszulöschen. Die Provinzregierungen von Sonora und Chihuahua bezahlten für die Erbeutung von Apachen-Skalps, so für den eines Kriegers hundert Pesos.[4]

Nach dem Krieg der USA mit Mexiko von 1846/48 wurden im Vertrag von Guadeloupe Hidalgo von 1848 die Gebiete von New Mexico, Arizona und Kalifornien an die USA abgetreten.[5] 1853 kamen durch Kauf noch die Gebiete südlich des Gila-River an die USA. Durch diese Gebietsabtretungen wurden die Siedlungsgebiete der Apachen, Teil der USA. Wie früher führten die Apachen, so vor allem die Chiricahua Überfälle auf mexikanische Ortschaften durch. Zwecks Einstellung dieses Kriegszustandes nahmen Vertreter der Provinz Chihuahua mit einer Fraktion der Chiricahua Friedengespräche auf. Die Militärs der Provinz Sonora lehnten diese Friedensgespräche ab. In Abwesenheit der Krieger, zu denen auch Geronimo[6]  gehörte, entdeckte Oberst José María Carrasco mit vierhundert Nationalgardisten der Provinz Sonora den Stützpunkt der Apachen in der Provinz Chihuahua. Am 5. März 1851 griff er den unbewachten Stützpunkt an und tötete sechzehn Krieger und fünf Frauen. Er nahm sechsundfünfzig Frauen und Kinder als Gefangene mit, die er als Sklaven verkaufte.[7] Bei diesem Massaker wurde die gesamte Familie von Geronimo getötet. Sein Hass auf die Mexikaner wurde damit grenzenlos.

Nach den Abtretungen der mexikanischen Gebiete herrschte zwischen den Chiricahua und den USA zuerst Friede. Die Chiricahua akzeptierten die ihnen durch die Amerikaner zugewiesenen Reservationen. Erst als amerikanische Goldgräber 1859/60 in ihre Gebiete einfielen, verschlechterten sich die Beziehungen der Chiricahua zu den Nordamerikanern.[8] Teilweise als Folge des dilettantischen Verhaltens amerikanischer Offiziere brach am 8. Februar 1861 zwischen Truppen der Union und den Chiricahua der Krieg aus, der im Prinzip erst 1886 beendet werden konnte.

Während gewisse amerikanische Offiziere sich um ein Ende des Krieges bemühten, hintertrieben andere Offiziere diese Friedensbemühungen durch Verrat und Hinterhältigkeit. Ein Beispiel dafür war die Ermordung von Mangas Colorado, dem Oberhäuptling der Chiricahua. Er hatte für Friedensverhandlungen einen Stützpunkt der US Army aufgesucht. In der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 1863 wurde er auf Befehl von US-Generälen bestialisch gefoltert und ermordet. Dieser verräterische Mord am dreiundsiebzigjährigen Häuptling bestimmte von da an die Brutalität des Krieges zwischen den Chiricahua und den Amerikanern.[9] Konvois, Ranches und Stosstrupps der US Army wurden überfallen. In Arizona und New Mexico gab es keine Sicherheit mehr. Gleichzeitig überfielen die Chiricahua Ortschaften und Ranches der verhassten Mexikaner.

Nach vielen gescheiterten Versuchen zu einer friedlichen Lösung, führte Geronimo weiterhin seine Stosstrupps in Arizona und New Mexico aus. Am 8. September 1886 kapitulierte er schlussendlich mit 18 Kriegern und 20 Frauen und Kindern in Mexiko gegenüber Brigadegeneral Nelson Appleton Miles.[10] Für den Feldzug gegen Geronimo und seine kleine Gruppe, die nur mit Gewehren und Revolvern ausgerüstet war,  hatte Miles 5’000 Berufssoldaten der US Army (ein Viertel der gesamten Streitkraft der USA) und mehrere Kampfgruppen von Apachen-Kundschaftern aufgeboten. Geronimo und seine Apachen erhielten den Status von Kriegsgefangenen.

Entgegen den Versprechungen von Miles, ihnen Land zu geben,[11] wurden die Krieger, wie auch ihre ehemaligen Feinde, die Apachen-Kundschafter, in das alte Fort Pickens und die Frauen und Kinder in das ehemalige spanische Fort Marion, beide in Florida gelegen, deportiert.[12] Die älteren Kinder kamen in das indianische Internat Carlisle in Pennsylvania. Frauen und Kinder starben bald an Tuberkulose. Erst am 28. April 1887 wurden die Familien im Militärlager Mount Vernon Barracks in Alabama zusammengeführt.[13] Aber auch hier nahm der Todesfeldzug unter den insgesamt 352 Kriegsgefangenen nicht ab. Ende 1887 starben zwei Männer, zehn Frauen und neun Kinder an Tuberkulose.[14] Mit dieser Krankheit waren die Apachen beim Bahntransport in die Gefangenschaft und ihre Kinder in Carlisle infiziert worden.

Auf Druck der Öffentlichkeit und des Rates wohlmeinender Offiziere wurde die dezimierte Gruppe der Chiricahua im Oktober 1894 zum Militärstützpunkt Fort Sill, im ehemaligen Indianerterritorium Oklahoma gelegen, verlegt. Sie blieben aber Kriegsgefangene.[15] Bis zu seinem Tod am 17. Februar 1909, die Folge einer Lungenentzündung, fürchtete das offizielle Washington D.C. immer noch einen Aufstand von Geronimo und eine Flucht nach Mexiko sowie die Wiederaufnahme der Überfälle auf Ortschaften in Mexiko und Arizona.[16] Die weisse Bevölkerung von Arizona hasst ihn offenbar bis auf den heutigen Tag.

Geronimo war ein ausgezeichneter Taktiker, der gegen Mexiko und die USA einen durchdachten Guerillakrieg mit Hinterhalten gegen gegnerische Truppen und Überfällen auf Ortschaften und Stützpunkten führte. Als Anführer seiner Guerilleros bewahrte er die Stellung eines Kriegshäuptling. Neben seinen kriegerischen Fähigkeiten wurde er auch als Medizinmann (Big Medicine Man) geschätzt. Hin und wieder gelangen ihm spektakuläre Heilungen.[17] Aufgrund seiner Visionen und Prophezeiungen amtete er auch als Schamane. Dank seiner Voraussicht, seiner Erfahrungen und seines Misstrauens konnte er den Hinterhalten der Mexikaner vielfach auszuweichen.[18]

Als Big Medicine Man und als Schamane, der mit Usen (dem grossen Schöpfer)[19] in Kontakt war, konnte Geronimo trotz einzelner militärischer Rückschläge und Verlusten an Kriegern immer wieder seine Stellung als Kriegshäuptling festigen. Diese Einzigartigkeit der Symbiose dreier verschiedener Funktionen – Krieger, Arzt, Priester – ist in der Menschheitsgeschichte selten erreicht worden. Die Hochkulturen in Mittel- und Südamerika – Maya, Azteken, Inka – beschränkten sich auf die Identität eines Königs mit dem Amt eines Hohepriesters. Gleiches galt auch für die Pharaonen, die römischen Kaiser (Pontifex Maximus), die byzantinischen Basileios, die russischen Kaiser, die Kalifen der islamischen Welt und den Papst der römisch-katholischen Kirche.

 

 

Hemd von Apachenfrauen für Zeremonien

 

[1] Debo, A., Geronimo, The Man, His Time, His Place, University of Oklahoma Press, Norman, third printing, 1982, P. 7.

[2] Hook, J., and R. Hook, The Apaches, Osprey Men-At-Arms-Series, London, 1987, P. 4.

[3] Debo, A., P. 9.

[4] Debo, A., P. 28.

[5] Debo, A., P. 33.

[6] Diesen Namen erhielt er von seinen Feind, den Mexikanern. Der Name Geronimo ist offenbar eine Verballhornung von Hieronymus.

[7] Utley, R.M., Geronimo, Yale University Press, New Haven and London, 2012, P. 27.

[8] Utley, R.M., P. 36/37.

[9] Utley, R.M., P. 53.

[10] Debo, A., P. 287.

[11] Debo, A., P. 295.

[12] Utley, R.M., P. 227.

[13] Debo, A., P. 336.

[14] Debo, A., P. 337.

[15] Debo, A., P. 358.

[16] Debo, A., P. 441.

[17] Debo, A., P. 323.

[18] Utley, R.M., P. 108.

[19] Debo, A., P. 21.