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Das Scheitern der USA in Afghanistan war voraussehbar!

Im Dezember 2001 war das Taliban-Regime durch die kombinierte Operation der afghanischen Nordallianz und von Eliteeinheiten der USA gestürzt und vertrieben worden. Im Januar bis März 2002 wurden die Reste von Al-Kaida, die sich noch in Afghanistan befanden, vernichtet und vertrieben.

Im April 2002 verkündete Präsident Bush in einem Referat am Virginia Military Institute (VM) für Afghanistan einen Marschall-Plan und setzte damit das Projekt eines Nation-Building für Afghanistan in Gang.[1] Die USA entsandten politische, wirtschaftliche und militärische Berater nach Afghanistan.

2002 bis 2003 wurde eine neue Verfassung für Afghanistan erarbeitet. Das Ziel dieser Verfassung und der Strukturierung von Afghanistan war die Bildung einer Zentralregierung. Auf die Verschiedenartigkeit der Provinzen in Afghanistan mit den unterschiedlichen Ethnien wurde keine Rücksicht genommen.

Mit der Unterstützung der Alliierten, so jener der Deutschen, wurde eine Berufsarmee nach US-Vorbild aufgebaut. Die Nordallianz und ihre Kriegsherren mit ihren Milizen blieben dabei unbeachtet. Im Gegenteil, zielstrebig wurden die Milizen der Kriegsherren entwaffnet. Das Fehlen an schweren Waffen bei den Milizen dürfte mit ein Grund für das jetzt stattgefundene Debakel sein.

Nicht nur in der Politik grassierte, so durch den Filz der organisierten Kriminalität der Drogenbarone mit der Regierung die Korruption, auch in der Armee griff diese um sich. Die afghanischen Generäle – die meisten unter ihnen hatten nie eine militärische Ausbildung erhalten – nützten die ihnen unterstellten Truppen zu ihrer Bereicherung aus. So wurden sogenannte Geistersoldaten in den Soldbeständen aufgeführt, die es nicht gab, deren Sold aber die Generäle in die eigene Tasche steckten. Diese Misswirtschaft und Korruption dürfte einer der Hauptursachen für die fehlende Motivation der Armee im Kampf gegen die angreifenden Taliban gewesen.

Das I-Tüpfchen auf dem Debakel setzte Präsident Joe Biden auf, in dem er ohne echte Vorbereitungsmassen den übereilten Rückzug der US-Truppen befahl. Diese Fehlentscheidung ist nicht erstaunlich, hat doch der frühere US-Verteidigungsminister Robert M. Gates in einem seiner Memoiren zu Biden bemerkt:[2]

«Still, I think he has been wrong on nearly every major foreign policy and national security issue over the past four decades.»

Der Zusammenbruch war am Ende das Ergebnis einer Kette von Fehlentscheidungen der USA, die hätten vermieden werden können. Jetzt sind die Taliban nach 20 Jahre wieder an der Macht. Die Frauenrechte dürften wieder abgeschafft werden und Al-Kaida wird wieder eine Renaissance in Afghanistan erleben. Nach dieser, insbesondere für die Frauen in Afghanistan, Katastrophe sei ein persönlicher Rückblick über verschiedene Aufenthalte in Kabul erlaubt. Dazu gehört der Besuch des Gartens des ersten Mogulherrschers Babur 1990.

Im Gegensatz zur heutigen Armee war die damalige Armee des kommunistischen Präsidenten Najbullah beeindruckend. Dazu gehörte 1990 auch der Wachsoldat vor dem Regierungsgebäude.

Ein weiteres Aushängeschild dieser Armee war der Kampfpanzer aus der Saur-Revolution von 1978 vor dem Präsidentenpalast.

Nach dem Sturz der Regierung von Najibullah entbrannte 1992 ein Krieg um die Herrschaft über Kabul, der insbesondere mit schweren Waffen geführt wurde. Das Ergebnis war die Zerstörung von Kabul.

1994 waren die Tadjiken Rabbani und Massud die Sieger in diesem Krieg. Nun erschienen aus Kandahar die Taliban, die ihrerseits die Herrschaft über Kabul beanspruchten. Zur Verteidigung errichtete Massud einen Abwehrring um Kabul mit Panzern, Artillerie und Kampfschützenpanzer.

Kampfschützenpanzer BMP-1 1995

1995 konnten die Taliban diese Abwehr überwinden. Massud wurde ins Pansjhir-Tal abgetrieben. Von dort aus hielt er bis zum Eingreifen der USA stand. Aber kurz vor dem 11. September 2001 wurde er ermordet. Dieser Mordanschlag wurde nie richtig aufgeklärt und ist bis heute mysteriös. Dieser erfahrene und kriegserprobte Kommandant fehlt heute.

Nach der Vertreibung der Taliban fand unter der neuen Regierung von Hamed Karzai wieder eine Art Normalität der afghanischen Gesellschaft statt. Nur langsam konnten aber die alten Traditionen abgeschafft werden.

Studentinnen der Universität Kabul unter der Burka 2002

Langsam wurde Kabul (2003) nach der Herrschaft der Taliban wieder saniert.

Das Nationalmuseum (2004) konnte seine Tore wieder öffnen. Er ist allerdings zu befürchten, dass die Taliban jetzt wieder in diesem Museum wüten und die alten Buddha-Statuen zerstören werden.

Im Norden wurde der Kargasee, das Wasserreservoir, wieder wie zu Zeit der Könige, zu einem Erholungsgebiet.

Kargasee: Wasserreservoir von Kabul 2007

Der Flughafen von Kabul wies ab 2001 eine hohe Frequenz auf. Immer wieder landeten Frachtflugzeuge aus verschiedenen Ländern.

Transporte nach Kabul: russische Iljuschin Il-76 2007

Trotz dem Aufbau blieb die Infrastruktur von Kabul vielfach auf dem früheren Stand.

Randquartier von Kabul 2010

In zunehmendem Masse führten die Taliban Anschläge in Kabul durch, so 2011 gegen das berühmte Hotel Intercontinental.

Polizeichef von Kabul nach dem Attentat der Taliban 2011

Bereits 2011 verliessen aufgrund der Entscheidungen von Präsident Obama die ersten US-Einheiten Afghanistan.

Beginnender Abzug der US-Truppen (Charikar/Kabul) 2011

Nachdem die Taliban wieder die Macht erobert haben, ist zu befürchten, dass wie im Bürgerkrieg von 1992 bis 1994 und nach der Herrschaft der Taliban von 1995 bis 2001 historische Gebäude zerstört werden könnten.

Neu-alte Zukunft? Das im Bürgerkrieg 1992 – 1994 beschädigte Mausoleum des König Nadir Shah (2005)

[1] Cordesman, A.H., Learning from the War: «Who lost Afghanistan?» versus Learning «Why We Lost», CSIS, Washington D.C., August 9, 2021, S. 7.

[2] Gates, R.M., Duty, Memoirs of a Security at War, WH Allen, UK, 2014, S. 288.