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Johanniter- und Malteserorden, die Seemacht im Mittelmeer

Vor Beginn der Kreuzzüge, die ab 1096 einsetzten und die bis 1291 andauerten, gründete der Benediktinermönch Gerard, der italienischer Herkunft war, 1080 in Jerusalem ein Hospiz für Pilger. Das Hospiz erhielt den Schutz des ersten Regenten von Jerusalem, Gottfried von Bouillon. Noch vor seinem Tod bestimmte Bruder Gerard die Prinzipien des Ordens von St. Johann dem Täufer.[1] Der Orden wurde mit der Pflege und dem Schutz der Pilger beauftragt. 1136 wurden die Hospitaler wie die Templer zunehmend zu einem Militärorden im Kampf der Kreuzfahrerstaaten (Outremer) gegen den Islam. 1160 führten die Hospitaler die Funktion eines Marschall ein, die erste militärische Funktion ihres Ordens.[2] Während der Orden der Templer ein reiner Militärorden im Kampf gegen die Feinde der Christenheit blieben, hielten die Johanniter den Hospitalbereich aufrecht.[3] Obwohl in einen ständigen Krieg verwickelt, blieb die Behandlung der Kranken und der Schutz der Armen eine wichtige Aufgabe des Ordens.

 

Jerusalem und Domitio-Basilika

Von Graf Raymond von Tripoli erhielten die Hospitaler, die sich nun als Johanniterorden bezeichneten, Burgen. Der Graf beabsichtigte den mächtigen Orden als Verbündeten gegen die Angriffe der Feinde als Alliierte für sich gewinnen. Zu diesen mächtigen Burgen gehörte der Krak des Chevaliers in Syrien.[4] Diese Burg sicherte die Verbindungen zwischen den Herrschaften im Norden (heutiges Libanon) und dem Süden (heutiges Palästina) von Outremer. Die Burg war ein strategischer Schlüsselpunkt der Kreuzfahrerstaaten. Bald hatten die Hospitaler 50 Burgen und befestigte Stützpunkte in Outremer. Ergänzt durch ihre Besitzungen in Europa verfügten die Johanniter über eine sichere Finanzquelle für ihren Kampf und für den Unterhalt ihrer Spitäler.

 

Krak des Chevaliers

Die Kreuzfahrerstaaten und damit die Militärorden in Outremer befanden sich nicht nur in einem ständigen Kriegszustand. Auch innerhalb der Königreichs Jerusalem brachen immer wieder Unruhen aus. Diese hätten 1287 beinahe zu einem Bürgerkrieg geführt. Exakt zu diesem Zeitpunkt nahm die Bedrohung von Outremer durch Sultan Saladin zu. Nachdem der Kurde in Ägypten das Kalifat der Fatimiden beseitigt hatte, eroberte er Syrien. 1187 war das Königreich Jerusalem durch das Reich von Saladin umzingelt.[5]

Der Waffenstillstand zwischen Christen und ihren Gegnern wurde 1187 durch Reginald de Châtillon, Herrn von Montreal, durch seine Überfälle gebrochen. Nun war der Niedergang von Outremer nicht mehr aufzuhalten. Am 3. Juli 1187 wurde die Streitmacht der Kreuzfahrer durch Saladin bei den Hörnern von Hattin vernichtet. Die gefangenen Templer und Johanniter liess Saladin hinrichten. Saladin eroberte Jerusalem. Den nachfolgenden Kreuzzügen gelang es nie mehr Jerusalem zurückerobern. Nur Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen konnte durch Diplomatie für eine kurze Zeit wieder die Kontrolle der Christen über die Stadt erlangen.

Wegen der mutmasslichen Allianz mit der Sekte der Assassinen wurde den Hospitaler und den Templern 1236 die Exkommunikation angedroht. Nach dem Disaster des Kreuzzuges von König Ludwig von Frankreich (Saint Louis) eroberte Sultan Rukn-ad-Din Baybers, Herrscher über Ägypten und Syrien, eine Stadt und eine Burg der Christen nach der andern.[6] Am 8. April 1271, nach einer beinahe seit 1267 andauernden Belagerung, kapitulierten die Johanniter in ihrer unterbemannten Festung Krak des Chevaliers gegenüber dem Sultan. Die Ritter erhielten für das Einschiffen nach Europa freien Abzug nach Tripoli.[7]

Es blieb den Kreuzfahrern und Rittern nur noch die Seestadt und -festung Akko übrig, die durch Templer, Hospitaler und den Rittern des Deutschen Ordens gegenüber einer feindlichen Armee von über 140’000 Mann verteidigt wurde. Am 11. April 1291 befahl Sultan Khalil, der Nachfolger von Sultan Baybers, die Bombardierung von Akko durch seine Belagerungsmaschinen. Am 18. Mai folgte der Erstürmung auf die zerstörten Befestigungen.[8] Beinahe alle Ritter der Hospitaler wurden durch den Angriff getötet. Nur wenige konnten sich retten.

Die Evakuierung der Frauen und Kinder war im Gange. Da nicht genügend Schiffe verfügbar waren, blieben tausende Menschen in der Stadt. Der Sultan liess diese nach der Eroberung töten oder versklaven. Die Templer und ihr Grossmeister, die versucht hatten die zivile Bevölkerung zu retten, wurden geköpft.

Der Fall von Akko war das Ende von Outremer. Die türkischen Mameluken hinterliessen ein zerstörtes Land, das früher fruchtbar und bevölkerungsreich gewesen war. Auf die Zivilisation der Christen folgte eine Leere.[9]

 

Zitadelle von Akko

Die Militärorden verlegten ihre Sitze zunächst nach Zypern. Die Johanniterritter besassen in Limassol und Nikosia verschiedene Liegenschaften. Die Burg von Limassol übergab ihnen der König von Zypern. Nahe Limassol war die Burg Kolossi, die damals die reichste Kommende des Ordens war. Von 1291 bis 1306 residierten sie auf dieser Burg.[10] Der Hafen von Limassol ermöglichte den Johanniter die Gründung einer Marine. Durch den Beschluss vom 5. November 1300 wurde diese gegründet. Die Führung hatte Admiral Fulko de Villaret. Unter seiner Führung segelte am 23. Juni 1306 die Johanniter-Flotte mit 2 Galeeren, 35 Rittern, 6 Abteilungen Turkopolen (arabische Hilfstruppen) und 500 Fusssoldanten, unter dem Begleitschutz eines Genuesen-Korsaren nach Rhodos. Ab 1306 bis 1309 wurde Rhodos erobert.

 

Burg Kolossi der Johanniter auf Zypern

Bis zur Kapitulation gegenüber den Osmanen 1522 herrschte der Orden auf Rhodos und den übrigen Inseln des Dodekanes wie ein souveräner Staat. Nach der Besetzung verstärkten sie den Hafen und die Festung von Rhodos.[11] Nach der ersten Belagerung von 1480 und dem Erdbeben von 1481 wurden Festung und Hafen unter Anleitung des Festungsingenieurs Fra Tadino da Martinengo gemäss den damals geltenden Prinzipen aufgebaut. Festung und Hafen wurden zur stärksten Festungsanlage im östlichen Mittelmeer. Zum Hafen gehörten zwei Arsenale. Eines dienste als Zeughaus für die Waffen und das Befestigungsmaterial, als Ausrüstungslager für die Galeeren und den Geschützen.

 

Rhodos, Grossmeisterpalast und -burg

Gleichzeitig konnten jeweils 5 Galeeren erstellt werden.[12] Weiter gab es Schwimmdocks. Nach der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen 1453 wurde Rhodos für die abendländische Schifffahrt immer wichtiger. Ab dieser Zeit stellte der Orden eigene Kaperbriefe aus. Rhodos wurde zum Stützpunkt der christlichen Korsaren im östlichen Mittelmeer.[13] Stadt, Festung und Hafen waren das Zentrum ihres Inselstaates im Dodekanes. Zeitweise gehörte auch Smyrna auf dem Festland dazu.[14] Zwischen dem strengen Katholizismus der Ritter und der Orthodoxie der Rhodesier herrschte Koexistenz.[15]

Die erfolgreichen Beutezüge und Überfälle der christlichen Korsaren behinderten zunehmend die Schifffahrt des osmanischen Reiches und ihrer islamischen Verbündeten im östlichen Mittelmeer. Aus geopolitischen Gründen konnten die osmanischen Sultane diese christlichen Korsaren nicht mehr tolerieren.[16] Sultan Mehmet II., Eroberer von Konstantinopel, Massenmörder und Pädophiler, löste 1480 mit einer Armee von 70’000 Mann den ersten Angriff auf Rhodos aus. Der Orden verfügte zu dieser für die Verteidigung über 600 Ritter und 1’500 bis 2’000 Mann an Söldnern und lokalen Milizen.[17]

Für seinen Angriff verfügte Mehmet über eine beachtliche Artillerie, die u.a. 3 schwere Geschütze umfasste. Am 23. Mai setzte die Bombardierung ein. Grossmeister D’ Aubusson hatte für den Schutz der Zivilbevölkerung rechtzeitig in der gesamten Stadt Unterstände bauen lassen.[18] Mauern, die durch die Beschiessungen zerstört wurden, liess er zu Festungen umwandeln. Gleichzeitig fand vor dem Hafen von Rhodos eine Seeschlacht zwischen den Galeeren der Ritter und jenen der Osmanen statt. Die Ritter blieben Sieger.[19]

Die Soldaten der Osmanen, die Janitscharen stürmten, getrieben durch ihren Fanatismus, immer wieder gegen die Mauern der Stadt an. Die Verteidiger hielten stand und töteten dabei Unzählige von ihnen. Ein deutscher Spion, der gefasst wurde, liess der Grossmeister hinrichten. Als die türkische Artillerie eine Bresche in den Mauern schoss, war D’ Aubusson sofort zur Stelle und feuerte dabei die Verteidiger an.[20] Die Hilfstruppen der Osmanen, die Bashi-Bazouks gerieten in Panik und stürmten in die Linien der nachfolgenden Janitscharen. An diesem Tag wurden 3’500 bis 5’500 Türken getötet. Das Banner des Grossen Türken wurde durch die siegreichen Christen erobert. Rhodos und die Ritter überlebten. 1481 starb der osmanische Sultan an Dysenterie.[21]

Diese Schlacht bewies zum ersten Mal, dass die Türken nicht unbesiegbar waren. Der Sieg von 1480 steigerte das Ansehen des Ordens in Europa. Die Ritter erhielten finanzielle Zuwendungen, aber ihre geopolitische Bedeutung im Kampf gegen die Türken und den Islam wurde nicht ausgenützt. Hätten die europäischen Mächte den Orden nach dieser Belagerung als Speerspitze gegen die Osmanen eingesetzt, dann hätte der Eroberungsfeldzug der Türken gegen Europa früher gestoppt werden können.[22]

Nach dem Tod von D’ Aubusson Juni 1503 nahmen die Angriffe der Türken und der Mameluken auf den Aussenposten der Christenheit zu. Zur See siegte die Streitmacht des Ordens beinahe immer. 1520 wurde Suleiman, der in Europa als Suleiman der Prächtige bezeichnet wurde, zum Sultan des osmanischen Reichs. Er wurde zum bedeutendsten Herrscher der Osmanen.1521 wurde Philippe Villiers de L’ Isle Adam Grossmeister des Ordens. Die Unterstützung des Ordens aus Europa nahm wegen des gleichzeitig stattfindenden Krieges zwischen Spanien und Frankreich ab. Gleichzeitig gierte der englische König Heinrich VIII. auf die Besitzungen des Ordens. Der Sultan konkretisiert seine Pläne für den Angriff auf Rhodos.[23]

Juni 1522 segelte die Flotte des Sultans mit 700 Schiffen Richtung Rhodos. Für den Angriff bildete er eine Armee von über 200’000 Mann. Dazu kam eine Artillerie aus verschiedenen Geschützen und Tausende von Mineuren. Die Verteidigung von Rhodos oblag 500 Rittern und 1’500 ausgebildeten Söldnern und Rhodesiern. Unterstützt wurden diese durch weitere wehrfähige Rhodesier. Am 28. Juli landete der Sultan auf Rhodos. Während des gesamten Augustes folgten Artillerieduelle. Im September folgte der erste grosse Angriff auf die christlichen Stellungen.

Im Oktober wurde der Grosskanzler des Ordens, Andrea d’ Amaral, als Kollaborateur und Spion enttarnt. Sein Antrieb war seine Enttäuschung über seine Nichtwahl zum Grossmeister. Er wurde hingerichtet.

Im Dezember waren die Verteidiger erschöpft. Weinachten versprach der Sultan der Ritter bei einer Kapitulation einen ehrenhaften Abzug. Die Schiffe der Ritter würden mit Nahrungsmittel versorgt. Am 26. Dezember kapitulierte L’ Isle Adam. Der Sultan empfing ihn mit Respekt und Höflichkeit. Die Ritter hatten während über 200 Jahrhunderten über Rhodos geherrscht. Jetzt verliessen sie ihr Inselreich mit ihren Waffen, Reliquien und Archiven.[24]

Die kleine Flotte der Ritter landete am 1. Januar 1523 auf Kreta. Die Verwundeten wurden ausgeschifft. Im April erreichte die Flotte Messina. Dem Grossmeister gelang es in den Jahren des Exils den Orden zusammen zu halten. Er bat vor allem Spanien um einen neuen Stützpunkt. 1530 wurde Karl V. von Spanien durch Papst Klement VII. in Bologna zum Kaiser gekrönt. Zu seinem Herrschaftsbereich gehörten die drei kleinen Inseln von Malta. Der Kaiser, der sich den Orden im Kampf gegen die nordafrikanischen Piraten verpflichten wollte, übergab dem Orden die drei Inseln für eine kleine Rente und der Verpflichtung den Hafen von Tripoli in Nordafrika weiter zu bemannen.[25]

 

Valletta, Grand Harbour

Im Herbst 1530 landeten die Ritter in Malta. Der Grosse Hafen (Great Harbour) entschädigte sie für den Verlust von Rhodos. Diesen mussten sie, bevor sie zu Korsaren gegen die nordafrikanischen Piraten wurden, ausbauen.[26]

Ab 1530 wurden die Werke der Festung San Angelo und die Befestigungen Ortschaft Birgu verbessert. Unter dem Nachfolger von L’ Isle d’Adam, Juan de Homedes (1536-1553), folgte der Bau der Festung San Michele (Senglea).[27] Mit San Michele konnten die Geschütze von San Angelo unterstützt werden. Durch die Beratung der Festunsgingenieure wurde an der Spitze des Hügels Sciberras die kleine Festung San Elmo für den Schutz des Grand Harbour errichtet. Die Seestreitmacht des Ordens war nie vor war die effizienteste im Mittelmeer. Zur Ergänzung der rhodesischen Seeleute wurdene Malteser rekrutiert.[28] Malta wurde zum idealen Stützpunkt der Korsaren des Kreuzes in ihrem Krieg gegen ihre Feinde.[29]

 

Grand Harbour, Castillo San Angelo

 

Grand Harbour, Castillo Senglea

 

San Elmo

Die nordafrikanischen Piraten waren die eigentlichen Feinde der Ritter. In regelmässigen Abständen überfielen diese Piraten die Mittelmeerküsten und -dörfer Italiens und Spaniens. Christliche Männer, Frauen und Kinder wurden als Sklaven abgeführt. Sardinien, Korsika, Sizilien, Kalabriens, dass Umfeld von Neapel, Rom, Genua, die Balearen und die Küsten Spaniens wurden immer wieder geplündert und zerstört. Die Piraten erbeuteten spanische Galeonen, die mit Gold, Silber, Perlen und anderen wertvollen Gütern aus Mexiko beladen waren. Die Piraten wurden dabei immer reicher.

Der Orden kämpfte gegen die nordafrikanischen Piraten, die eigentlich Vasallen des Sultans waren. Die Seestreitkräfte des Ordens operierten als eine Art Seepolizei, indem sie die Seerouten im Mittelmeer schützten. 1519 versuchte Karl V. mit Unterstützung des Ordens Algier zu erobern. Die Operation scheiterte wegen den Wetterverhältnissen. 1538 fand eine Seeschlacht statt, in der die Osmanen siegreich wurden. Bis zur Belagerung von Malta 1565 beherrschten die Türken beinahe das gesamte Mittelmeer. Nur der Orden und die Venetianer leisteten Widerstand. 1551 plünderte der nordafrikanische Pirat Dragut die kleine Insel Gozo und führte die gesamte Bevölkerung in die Sklaverei ab.

1557 wurde Jean Parisot de La Valette zum neuen Grossmeister gewählt. Zu diesem Zeitpunkt war er 63 Jahre alt. Er sprach mehrere Sprachen, so Arabisch und Türkisch fliessend, und hatte schon bei der Belagerung von Rhodos gedient. Er war ein Christ alter Schule. Einmal war er ein ganzes Jahr war er Galeerensklave eines türkischen Korsaren gewesen. Später wurde er Admiral der Ordensflotte. Er liess die beiden Festungen San Angelo und San Elmo ausbauen. Gleichzeitig wurde die Ordensflotte aktiv. Die Eroberung eines grossen Handelsschiffes, das dem Obereunuchen der Türken gehörte und die Gefangennahme des Sanjak von Alexandria erzürnte den Sultan Suleiman über alle Massen. Nun bereute er es, dass es vor Jahren den Rittern, diesen «Hundesöhnen», freien Abzug gewährleistet hatte. 1564 berief er einen Kriegsrat ein. Der Angriff auf Malta wurde zu einem wesentlichen Teil seiner Planung für einen geostrategischen Zangenangriff auf Europa. Während die eine Zange über den Balkan auf Europa vorstiess, sollte die Eroberung der Häfen von Malta den Angriff auf Sizilien und dann jene von Italien und Rom ermöglichen. Am Ende wollte er ganz Europa vor erobern. Zur damaligen Zeit reichte sein Imperium vom Persischen Golf bis an die österreichische Grenze. Im Winter 1564/65 bereiteten sich beide Seiten auf das Armageddon vor.[30]

Während die Türken für die Belagerung und Eroberung von Malta gewaltige logistische Herausforderrungen bewältigen mussten, bereitete de La Valette die Unbrauchbarmachung der Brunnen auf Malta durch tote Tiere vor. Der Vizekönig von Sizilien, Don Garzai de Toledo, versprach im April 1565 bei einem türkischen Angriff Truppenverstärkungen. Diese trafen aber nicht rechtzeitig ein.

Bei Beginn des Angriffs verfügte der Orden über 500 Ritter, 1’000 spanische Infanteristen und Arkebusiers und 3’000 bis 4’000 maltesische Milizsoldaten. Diese kleine Streitmacht war auf Birgu und San Angelo, Senglea und San Michele, und San Elmo verteilt. Der Sultan mobilisierte eine Streitmacht von bis zu 40’000 Sipahis und Janitscharen sowie 4’000 zum Tode geweihten Iayalars. Diese Streitmacht wurde durch 200 Schiffe transportiert und eskortiert. Davon waren 130 Galeeren und 30 Galeassen. Unterstützt wurde der Angriff durch den nordafrikanischen Korsaren Dragut. Zum Befehlshaber des Heeres wurde Mustapha Pascha und zum Admiral der Flotte Piali (Piyale) Pascha, Schwiegersohn des Sultans.[31]

Am 18. Mai 1565 erschien die Flotte des Grosstürken vor Malta. Die 200 Schiffe ankerten zuerst im Nordwesten von Malta. Der Grossmeister entsandte eine Botschaft nach Sizilien: »Die Belagerung hat begonnen. Die türkische Flotte umfasst 200 Schiffe. Wir erwarten Eure Hilfe.» Er musste mehrere Monate auf diese Hilfe warten. Nach der Landung der Truppen nahmen die Türken die Belagerung auf. Ihr grösster Fehler war, dass sie sich nicht zuerst auf die schlecht befestigte alte Hauptstadt Mdina konzentrierten. Dadurch wurde ihre Logistik gefährdet.[32]

 

Mdina

Da der türkische Admiral Piali seine Flotte im Grossen Hafen als Schutz vor den kommenden Wetterverschlechterungen anlegen wollte, wurde zum ersten Schwerpunkt der türkischen Belagerung und Angriff Fort San Elmo. Die Eroberung von San Elmo würde den Türken die Kontrolle und die Benützung des Grossen Hafens ermöglichen.[33] Frisches Wasser hatten sie aber nicht, da auf Befehl des Grossmeisters alle Brunnen vergiftet worden waren. Gleichzeitig hatte er die Artillerie von San Elmo durch zusätzliche Geschütze verstärken lassen. Ab Ende Mai beschoss die türkische Artillerie Tag und Nacht San Elmo methodisch mit Eisen-, Marmor- und Steinkugeln. Am 22. Juni lösten die Türken einen massiven Infanterieangriff mit Iayalars– und Janitscharen-Truppen, unterstützt durch das massive Bombardement, aus. Immer noch wehte die Flagge mit dem Kreuz über San Elmo. Am 23. Juni stiess die türkische Flotte vor und unterstützte die Bombardierungen mit Bordgeschützen. Nur noch 100, teilweise verkrüppelte Verteidiger wie schwerverwundete Ritter, die auf Stühlen angebunden waren, hielten noch Stand. Schlussendlich überwand der türkische Angriff die Verteidigung. Nur wenige Ritter und Söldner waren noch am Leben. Tausende Türken, so auch der Kommandant der Janitscharen, waren tot. Mustapha liess die Körper der Ritter enthaupten und auf Kreuzen in den Grossen Hafen werfen. Als Vergeltung dafür liess der Grossmeister die gefangenen Türken enthaupten und ihre Köpfe durch zwei grosse Kanonen in die Stellungen der Türken schiessen. Von da an wurde jeden Tag auf den Festungsmauern von Mdina Gefangene aufgehängt. Ein Krieg ohne Pardon.

Während die türkische Armee nach dem Fall von San Elmo mühsam die Geschütze vor Birgu und Senglea in Stellung brachte, landete aus Sizilien ein kleines Detachement mit 1’000 Mann. Dazu gehörten 42 Ritter, weitere freiwillige Adlige, 56 ausgebildete Kanoniere und 600 spanische Infanteristen. Unter Führung des Chevalier de Robles überwand diese Verstärkung am 29. Juni ohne Verluste die türkischen Linien. In dieser Situation bot Mustapha Pascha dem Grossmeister einen ehrenhaften Abzug an. La Valette entgegnete, dass er ihm im Tausch den Boden mit seinen toten Janitscharen anbieten könnte.[34]

 

Stosstrupp der Ritter

Als Antwort verstärkte Mustapha die Belagerung von Senglea, San Angelo und Birgu. Das Feuer der Belagerungsartillerie, unterstützt durch die Geschütze der türkischen Flotte, die in den Grossen Hafen verlegt worden war, wurde intensiviert. Im Juli konzentrierte sich das türkische Feuer und die Angriffe auf Senglea. Am 15. Juli folgte ein massiver Angriff von Land und See aus. Maltesische Schwimmer griffen im Nahkampf die türkischen Boote an. Im Wasser schwammen bald nur noch tote Janitscharen. Jene, die sich ergaben, schlitzten die Maltesern mit dem Ruf « San Elmo zahlt» den Brustkorb auf. Türkische Ablenkungsangriffe wurden durch Batterien der Ritter zusammengeschossen. Die türkische Dampfwalze war gescheitert.

Ab 2. August konzentrierte Mustapha Pascha das Feuer seiner schweren Artillerie auf Birgu. Das Rollen und Donnern der Geschütze wurde bis Syrakus und Catania gehört.  Alle türkischen Infanterieangriffe wurde zurückgeschlagen. Am 7. August wurde ein Angriff auf Birgu ausgelöst. Dieser blieb zwischen der ersten und der zweiten Festungsmauern stecken. Beinahe wären den Türken die Erstürmung von Senglea gelungen. Da bliesen die Türken im Glauben, dass jetzt die Verstärkung für die Christen eingetroffen sei, zum Rückzug. In Tat und Wahrheit war es ein Ablenkungsmanöver aus Mdina. Das Basislager der Türken mit ihren Verwundeten und ihem Nachschub wurde verbrannt.[35]

Während des Monates Augustes konzentrierte der türkische Kommandant das Artilleriefeuer wieder auf Birgu. Der Grossmeister erhielt von Don Garcia aus Sizilien die Nachricht, dass er Ende August mit 16’000 Männer eintreffen würde. Der Grossmeister bemerkte zu seinem Stab: «wir können nicht mehr weiter an diese Versprechen glauben. Nur wir selbst können uns retten».[36] Er liess die Brücke zwischen San Angelo und Birgu sprengen. Damit waren die Besatzungen der drei Festungen auf sich allein gestellt. Am 18. August sprengten ägyptische Mineure eine Bresche in die Mauern von Birgu. Der Grossmeister selbst, nur mit dem Helm ausgerüstet, eilte den Verteidigern zu Hilfe. Angetrieben durch diesen 70-jährien Mann, der am Bein durch eine Granate verletzt wurde, zerschlugen die Ritter und die Milizen den Angriff. Trotz Protesten blieb La Valette an der Front.

Alle Betten im grossen Spital waren durch Verwundete besetzt. Die türkischen Mannschaften litten an Dysenterie. Die beiden türkischen Kommandanten waren sich über den weiteren Verlauf der Belagerung uneinig. Der Admiral fürchtete wegen der kommenden Verschlechterung der Wetterverhältnisse für seine Flotte. Am 6. September 1656 landete Don Garcia mit 8’000 Mann im Norden der Insel. Durch Meldungen getäuscht, schätzten die Türken den Bestand der Verstärkung höher ein. Mustapha und Piali fassten den Beschluss die Belagerung abzubrechen. Schützengräben und Belagerungstürme wurden zerstört oder verlassen. Als Mustapha das wahre Kräfteverhältnis erkannte – die Türken hätten mit dem restlichen Kampfbestand an 20’000 Mann die Verstärkung zurückschlagen können – versuchte er den Abzug zu stoppen, aber es war zu spät.[37]

Von der ursprünglichen Streitmacht des Grossmeisters von 9’000 Mann waren nur noch 600 fähig eine Waffe zu führen. 250 Ritter waren tot und jene, die überlebt hatten, waren für den Rest ihres Lebens Krüppel. Von den maltesischen Milizen, den spanischen und fremden Söldnern waren 7’000 Mann tot. Die türkischen Verluste wurden auf 25’000 bis 30’000 Mann geschätzt. Nicht eingerechnet dabei waren die Verluste der Algerier, Ägypter und der nordafrikanischen Piraten. Der grösste Erfolg war der Tod des Piratenführers Dragut. Mit ihrem Widerstand hatten die Ritter den türkischen Vorstoss ins westliche Mittelmeer und die vollständige Umzingelung von Europa verhindert und damit Europa gerettet.[38] Die Türken waren wirklich nicht unbesiegbar.

Für die zukünftige türkischen Angriffe musste der Orden die Festungsanlagen verstärken. Dank der Unterstützung des Papstes finanzierten die Könige von Frankreich und Portugal und Philipp II. von Spanien die Festungsvorhaben des Ordens mit gewaltigen Summen. Auch einzelne Ordensmitglieder und die Komtureien leisteten grosse Summen. Am 28. März 1566 erfolgte in Anwesenheit des Grossmeisters die Grundsteinlegung der zukünftigen Stadt Valletta.[39] Der Grossmeister initiierte einen Anschlag auf das grosse Zeughaus der Türken in Konstantinopel. Dabei wurden auch die türkische Flotte und ihre Marinewerften erheblich beschädigt. Suleiman der Prächtige starb am 5. September 1566 bei der Eroberung von Ungarn.[40] Im Juli 1568 erlitt der Grossmeister einen Herzschlag, von dem er sich nicht mehr erholte. Er wurde in der Stadt, die seinen Namen trug, begraben.

Sechs Jahre nach dem Ende der Belagerung war der Orden 1571 mit 3 Galeeren an der Seeschlacht von Lepanto beteiligt. Der Kampfgeist der Ritter war ungebrochen: « lieber bis zum Tod kämpfen als sich zu ergeben». Die alliierte Flotte stand unter dem Oberbefehl von Don Juan de Austria, einem unehelichen Sohn von Karl V. Er verfügte neben den drei Galeeren des Ordens über die spanische Mittelmeerflotte, ein päpstliches Geschwader und zwei Geschwader von Genua und Venedig. Die alliierte Streitmacht umfasste insgesamt 6 Galeassen, 212 Galeeren und 24 Transportschiffen. Der kampfstärkste Teil der alliierten Flotte war jener von Venedig mit 6 Galeassen, 107 Galeeren und zwei Transportschiffen.[41] Die türkische Flotte mit über 150 Kriegsschiffen wurde vernichtet und ihr Admiral gefangengenommen und geköpft. Wegen den Unstimmigkeiten zwischen den Alliierten erwiesen sich diese nach dem Sieg als unfähig nach Konstantinopel vorzustossen und die Stadt zu erobern. Auch nach Lepanto konnte Europa auf die Kampfkraft der Seemacht des Ordens nicht verzichten. Nur dank ihrer Seemacht konnten Süditalien, Sardinien und Sizilien gegenüber den Raubzügen der nordafrikanischen Piraten geschützt werden.[42]

In den folgenden Jahrhunderten erweiterte der Orden die Festungswerke auf Malta, so durch die Margherita-Linie, die halbkreisförmig um die von Birgu und San Michele laufende Cottonera-Linie, um das am Hafeneingang bestehende Fort Ricasoli, die am Hafen von Marsamuscetto gelegenen Festungen Fort Tigne und das Insel-Fort Manoel sowie um die Vorneverteidigung von Valletta, Floriana. Dieses Festungssystems war die stärkste Seefestung der damaligen Zeit und während drei Jahrhunderten der sicherste Hafen der Seemacht des Ordens, der durch den Hauptfeind des Ordens, Osmanen und Barbaresken, nie hätte erobert werden können.[43]

 

Cottonera-Linie

 

Margherita-Linie

Im 17. Jahrhundert waren Seemacht und die Verteidigungsbereitschaft intakt. Erst im 18. Jahrhundert trat ein Abstieg durch Dekadenz ein. Vor allem der Grossmeister Fra Ferdinand von Hompesch (1797-1799) liess die Verteidigungsfähigkeit des Ordens verlottern. Der desolate Zustand der militärischen Bereitschaft des Ordens ermöglichte es Napoleon 1798 mit seiner (Ägypten-)Armee Malta ohne grossen Widerstand einzunehmen.[44]  Die Eroberung durch Napoleon bedeute das Ende der Seemacht des Ordens. Damit wurde eine während Jahrhunderten bestehende Ordnungsmacht im Mittelmeer vernichtet.

In einem gewissen Sinne können die Patrouillenboote der Republik Malta als eine kleine Nachfolgestreitmacht des Ordens bezeichnet werden, leisten sie doch einen wichtigen Beitrag zum Schutz des westlichen Mittelmeeres für Europa.

 

Birgu, Grand Harbour, Patrouillenboote

Heute wirkt der souveräne Militär- und Hospitaler-Orden von St. Johann von Jerusalem, Rhodos und Malta von seinem Sitz in Rom aus. Er ist heute der älteste Ritterorden und der drittälteste Orden der Christenheit.

 

 

 

[1] Bradford, E., The Shield and the Swords, The Knights of St. John, Hodder and Stoughton, London, Sydney, Auckland, Toronto, 1972, S.24.

[2] Bradford, E., 32.

[3] Bradford, E., S. 26.

[4] Bradford, E., S. 27.

[5] Bradford, E., S. 36.

[6] Bradford, E., S. 45/46.

[7] Bradford, E., S. 47.

So auch Schreck, F.R: und J. Odenthal, Syrien, Dumont-Kunst Reiseführer, Ostfildern, 3., aktualisierte Auflage, 2007, S. 232.

[8] Bradford, E., S. 49.

[9] Bradford, E., S. 50.

[10] Dauber, R.L., Die Marine des Johanniter-Malteser-Ritter-Ordens, 500 Jahre Seekrieg zur Verteidigung Europas, H. Weishaupt Verlag, Graz, 1989, S. 195.

So auch Bradford, E., S. 51.

[11] Dauber, R.L., S. 197.

[12] Dauber, R.L., S. 198.

[13] Dauber, R.L., S. 199.

[14] Dauber, R.L., S. 201.

[15] Bradford, E., S. 61.

[16] Bradford, E., S. 83.

[17] Bradford, E., S. 90.

[18] Bradford, E., S. 91.

[19] Bradford, E., S. 93.

[20] Bradford, E., S. 96.

[21] Bradford, S. 99.

[22] Bradford, E., S. 102.

[23] Bradford, E., S. 111/112.

[24] Bradford, E., S.118/119.

[25] Bradford, E., S. 122.

[26] Bradford, E., S. 124.

[27] Dauber, R.L., S. 202.

So auch Bradford, E., S. 126.

[28] Bradford, E., S. 128/129,

[29] Bradford, E., S. 130,

[30] Bradford, E., S. 142/143,

[31] Bradford, E., S. 145/146.

[32] Bradford, E., S. 148/149.

[33] Bradford, E., S. 150.

[34] Bradford, E., S. 158.

[35] Bradford, E. S. 161.

[36] Bradford, E. S. 162,

[37] Bradford, E., S.166.

[38] Bradford, E., S. 168.

[39] Bradford, E., S. 170/171.

[40] Bradford, E., S. 172.

[41] Bradford, E., S. 179.

[42] Bradford, E., S. 181.

[43] Dauber, R.L., S. 202.

[44] Bradford, E., S. 213/214.