Russlands Zielplanung und Einsatzführung nichtstrategischer Nuklearwaffen
Gemäss der Militärdoktrin nehmen die Nuklearwaffen für die russische Kriegführung einen hohen Stellenwert ein. Ihr Vorhandensein garantiert die Sicherheit Russlands. Schon zur Zeit der Sowjetunion oblag die Freigabe des Einsatzes der Nuklearwaffen der politischen Führung.[1] Dies gilt auch heute noch und trifft auch für die nichtstrategischen Nuklearwaffen zu. Während die strategischen Nuklearwaffen mit der Triade der land- und seegestützten ballistischen Flugkörper sowie der strategischen Bomber zentral geführt werden, sind die nichtstrategischen Nuklearwaffen, einschliesslich der nuklearfähigen Mittelstreckenbomber und schweren Jagdbombern sowie der ballistischen Flugkörper des Kurzstreckenbereiches und der Artillerie, den 5 Militärbezirken mit den Armeen, Korps, Divisionen und Brigaden unterstellt. Dies bedeutet, dass die Militärbezirke und die Grossen Verbänden weitgehend autonom die Zielplanung und Einsatzführung der nichtstrategischen Nuklearwaffen bestimmen.[2]
Ziele eines nichtstrategischen Nuklearkrieges dürften sein[3]
- nichtstrategische Nuklearwaffen der NATO
- politische und militärische Einsatzführung
- Flugplätze
- Sperren und Stützpunkte
- Truppenkonzentrationen
- Stellungsräume der Artillerie und der Panzer
- Logistik und militärische Infrastruktur
- zivile Infrastruktur
- Agglomerationen
Die russische Armee hat, was die Einsatzführung der nichtstrategischen Nuklearwaffen betrifft, weitgehend die Militärdoktrin der Sowjetunion übernommen. Die in der NATO-Strategie der «flexible Response» verankerten kontrollierten und begrenzten Einsätze von nichtstrategischen Nuklearwaffen werden abgelehnt. Einen begrenzten nichtstrategischen Nuklearkrieg wird es nicht geben. Die sowjetische Militärwissenschaft führte drei Einsatzarten nichtstrategischer Nuklearwaffen gegen die erwähnten Ziele auf: Einzelschlag, Gruppenschlag, massierten Schlag[4].
Einsatzmitteln für den nichtstrategischen Nuklearkrieg sind neben den Mittelstreckenbombern Tu-22M/3M (NATO-Code Backfire, Marschflugkörper mit nuklearem Gefechtskopf bis 350 KT TNT) und schweren Jagdbombern Su-24M/M2 (NATO-Code Fencer, Flugkörper mit nuklearem Gefechtskopf) ballistische Boden-Boden-Flugkörper Iskander (nuklearer Gefechtskopf 5-50 KT, Reichweite 500 km) und Tochka (nuklearer Gefechtskopf 100 KT, Reichweite 120 km) und schwere Artilleriegeschütze.
Mittelstreckenbomber Tu-22M (A.S.)
Die Streitkräfte müssen gegenüber den unvermeidbaren Auswirkungen und Kollateralschäden der Einsätze nichtstrategischer Nuklearwaffen wie Zerstörungen, Druck und Verstrahlungen geschützt werden.[5]
[1] Isby, D.C., Weapons and Tactics of the Soviet Army, Jane’s, London, 1985, S. 209.
[2] Isby, D.C., S. 209.
[3] Isby, D.C., S. 209.
So auch Streitkräfte Ost, Einsatz, Schweizer Armee, 1983, S. 135.
[4] Herren, A.P., Die Abwehr von ballistischen Flugkörpern, in: Konflikte und Kriege, Simulationstechnik und Spieltheorie, A.A. Stahel (Hrsg.), vdf, Zürich, 1999, S. 103.
[5] Isby, D.C., S. 210/211.
Titel: Russlands Zielplanung und Einsatzführung nichtstrategischer Nuklearwaffen
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