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Nichtstrategische Nuklearschläge: das Ergebnis der Nutzen-Kosten-Analyse eines russischen Kommandanten

Titel: Nichtstrategische Nuklearschläge

Bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Teilstreitkräfte der UdSSR mit nichtstrategischen Nuklearwaffen ausgerüstet. Die Waffensysteme wurden aufgrund der Reichweite von bis zu 100 km in taktischen und mit einer Reichweite von 100 bis 1’000 km in operativ-taktische Nuklearwaffen unterteilt. Zu den Trägern gehörten bereits zu einem frühen Zeitpunkt ballistische Boden-Boden-Flugkörper, schwere Artilleriegeschütze, see- und luftgestützte Marschflugkörper von Überwasserkriegsschiffen und U-Booten sowie Bomber. Die Sprengkraft der nuklearen Gefechtsköpfe reichte damals bis zu 500 KT TNT. Ab den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die nichtstrategischen Nuklearwaffen der sowjetischen Streitkräfte zunehmend mit Gefechtsköpfen kleinerer Sprengkraft ausgerüstet.

Auch heute sind die russischen Landstreitkräfte, die Seestreitkräfte und die Luftraumstreitkräfte mit nichtstrategischen Nuklearwaffen versehen. Der gesamte Bestand an Waffenträgern für den nichtstrategischen Nukleareinsatz wird auf 1’100 geschätzt.[1] Die russischen Streitkräfte dürften über 2’000 nukleare Gefechtsköpfe für den nichtstrategischen Einsatz verfügen.

Bei den Landstreitkräften sind in den letzten Jahren die alten Systeme durch modernere Systeme ersetzt worden. Dies trifft für die ballistischen Boden-Boden-Flugkörper SCUD-B (NATO-Code, Reichweite bis 400 km (operativ-taktischer Bereich), Gefechtskopf 20-200 KT TNT) zu. Diese Flugkörper sind durch die ballistischen Flugkörper Iskander (SS-26, NATO-Code STONE, Reichweite 500 km) ersetzt worden, die jetzt im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden.

Boden-Boden-Flugkörper SCUD-B (NATO-Code) (A.S.)

Wie zur Zeit des Kalten Krieges sind die nichtstrategischen Nuklearwaffen den Militärbezirken, den Armeen, Korps, Divisionen der Landstreitkräfte, den Flotten der Seestreitkräfte und den Grossen Verbänden der Luftraumstreitkräfte zugewiesen. Nach einer Freigabe des Einsatzes von Nuklearwaffen durch die politische Führung bestimmen die Kommandanten der Grossen Verbände entsprechend ihren Plänen selbstständig über die Ziele und den Einsatz ihrer Waffensysteme. Die Kommandanten müssen bei jedem Einsatz, über die Entscheidungskompetenz zwischen nuklearen und konventionellen Gefechtsköpfen zu wählen, verfügen. Dieser Entscheid wird durch die erforderliche Genauigkeit und damit die Zerstörungswirkung bei der Zielbekämpfung bestimmt. Kann die Zerstörungswirkung aufgrund der ungenügenden Zielgenauigkeit konventioneller Waffen nicht erreicht werden, dann drängt sich der Einsatz nichtstrategischer Nuklearwaffen auf. Im Vergleich zu den konventionellen Waffen wird mit Nuklearwaffen in jedem Fall eine bessere Wirkung erreicht. Ein Kommandant, der über nichtstrategische Nuklearwaffen verfügt, hat bei jeder Zielbekämpfung aufgrund einer Nutzen-Kosten-Analyse zwischen den beiden unterschiedlichen Waffensystemen zu wählen.[2]

[1] Kjellén, J. and N. Dahlqvist, Russia’s Armed Forces, in : Russian Military Capability in a Ten-Year Perspective – 2019, FOI, Stockholm, 2019, S. 38.

[2] Jablonsky, W., Taktische Nuklearwaffen, Bernard & Graefe Verlag, München, 1979, S. 57ff.

Titel: Nichtstrategische Nuklearschläge

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