Tecumseh – dem zum Sprung sich duckende Berglöwe – Sachem der Shawnee (Stamm der Algonkin-Sprachfamilie) wurde 1768 in Piqua, Ohio, geboren.[1] Er und sein Zwillingsbruder Tenskwatawa, der später zu einem bedeutenden Shamanen werden sollte, litten bereits in ihrer Jugend unter der brutalen Kriegführung der Weissen. 1774 wurde ihr Vater, ein Sachem, in der Schlacht von Point Pleasant getötet. Das Dorf Piqua wurde 1780 durch Weisse zerstört. Ein älterer Bruder wurde 1788 an der Grenze zu Tennessee durch Weisse erschlagen. Ein anderer Bruder wurde in der Schlacht der verbündeten Indianer gegen den amerikanischen General Anthony Wayne bei Fallen Timbers an der Seite von Tecumseh getötet. Der Hass von Tecumseh auf die Weissen stieg ins Unermessliche. Trotzdem hielt er seine humane Einstellung aufrecht und schützte Frauen und Kinder der Feinde, wo immer konnte. Gleichzeitig setzte er sich für die Erhaltung seines Volkes ein.[2]
Pfeifentomahawk von Tecumseh
Nach dem Sieg von General Wayne sah Tecumseh den Ohio als Grenze zwischen den Indianern und den Weissen. Seine Vision war die Bildung eines Indianerstaates im Ohio Valley und in den Waldgebieten um die Grossen Seen zwischen den USA und dem durch die Briten kontrollierten Kanada. Die Bewohner dieses Staates sollten sich durch Friedfertigkeit auszeichnen. Mit Reden versuchte er die verschiedenen Stämme und deren Häuptlinge im alten Nordwesten für seine Idee zu gewinnen. Er reiste von Minnesota und Wisconsin bis zum Golf von Mexiko. Überall wurde er mit Achtung empfangen, aber die Stämme hatten nach der Schlacht von Fallen Timbers keinen Mut mehr und wurden durch das Geld der USA korrumpiert. Indianer-Agenten und Händler trieben die Indianer mit Fusel und billigem Tand in die Abhängigkeit.
Seen und Wälder im Adirondack
Stück für Stück verkauften die Indianer ihr Land an Spekulanten. Auch Gebiete im Adirondack (Haderondah (Baum-Esser), Bezeichnung der Irokesen für die Algonkin-Indianer) wurde verscherbelt. Die neuen Eigentümer zerstörten die schönen Obst- Plantagen der Indianer. Gleichzeitig torkelten betrunkene Indianer in den weissen Siedlungen umher.
1806 hatte es Tecumseh mit seinem Zwillingsbruder zusammen geschafft, die Indianer entlang des Wabash-River für seine Vision zu gewinnen. Gleichzeitig verhandelte Tecumseh mit William Henry Harrison, dem ehrgeizigen Gouverneur des (ehemaligen) Nordwest-Territoriums. Die Indianer lehnten nun den Fusel und die billige Schundware der Händler ab. 1808 errichtete Tecumseh am Tippecanoe Creek, einem Nebenfluss des Wabash, ein grosses Indianerlager. Die Stämme der ehemaligen Algonkin-Konföderation, des 1769 auf Betreiben der Briten ermordeten Ottawa-Sachen Pontiac[3], waren wiedervereinigt. Leider konnte er die den Algonkin-Stämmen feindlich eingestellte Irokesen-Liga nicht für seine Konföderation gewinnen. Die alten Friedenshäuptlinge der Algonkin-Stämme, die das Land ihrer Stämme an die Weissen verhökert hatten, wurden abgesetzt.[4]
Washington D.C. beauftragte Gouverneur Harrison mit Tecumseh zu verhandeln. Anstelle des Abschlusses eines Friedensvertrages mit Tecumseh handelte Harrison aber mit korrupten Vertretern der Delawaren, Kickapoo, Miami und Wyandot Landabtretungen aus. Ein riesiges Gebiet kam dadurch an die USA. Die Grenze verschob sich bis auf 50 Meilen an das grosse Indianerlager heran. Tecumseh verlangte von Harrison die Sistierung des Vertrages, was dieser aber ablehnte.
Wälder und Seen
Unruhen im Grenzbereich und Übergriffe auf weisse Siedlungen brachen aus. Harrison mobilisierte eine Streitmacht von 800 Mann. Tecumseh entschuldigte sich bei Harrison für diese Situation. Trotzdem liess Harrison im Herbst 1811 ein befestigtes Lager nahe von Tippecanoe errichten. Zu dieser Zeit weilte Tecumseh im Süden Nordamerikas und versuchte die fünf zivilisierten Nationen (Cherokees, Chickasaws, Choctaws, Creeks und Seminolen) für seine Vision zu gewinnen. Während der Abwesenheit von Tecumseh übernahm sein Zwillingsbruder Tenskwatawa die Führung. Tecumseh hatte ihn bei seiner Abreise vor einem Feldzug gegen Harrison gewarnt. Entgegen dieser Warnung gab der ehrgeizige Bruder am 7.11.1811 den Befehl zum Angriff auf die Stellungen der Streitmacht von Harrison.[5] Der Sieg der 4’000 Indianer wurde durch die Kavallerie von Harrison vereitelt. Die Weissen hatten in dieser Schlacht 61 Tote und 127 Verwundete zu beklagen. Die Indianer verloren lediglich 40 Mann. Tenskwatawa verlor aber durch die Niederlage der Indianer seine Glaubwürdigkeit bei den vereinigten Stämmen. Gleichzeitig hatte er die langjährigen Bemühungen von Tecumseh um eine Indianer-Konföderation zu Nichte gemacht.
Tecumseh zog nach Kanada. Bei Ausbruch des Krieges zwischen den USA und Grossbritannien, 1812, stellte Tecumseh zugunsten der Briten eine Brigade indianischer Freiwilliger auf und wurde durch die Briten zum Brigadegeneral ernannt. Der Mittelpunkt der Kampfhandlungen war Detroit. Zuerst schien es so, als ob die Briten zusammen mit ihren indianischen Verbündeten den Krieg für sich entscheiden würden. Nachdem aber der sehr fähige britische Oberbefehlshaber, Major-General Sir Isaac Brock am 13.10.1812 in einem Gefecht fiel, übernahm dessen unfähiger Stellvertreter Major-General Henry Proctor die Führung der britischen und indianischen Kriegsverbände. Seine Kriegführung war durch den Rückzug und die Aufgabe der eroberten Gebiete bestimmt. Am Thames River in Kanada konnte Tecumseh Proctor zum Halten und zum Gefecht mit der Streitmacht von William Henry Harrison zwingen. Dessen Kavallerie zerschlug aber die Stellungen der Briten. Tecumseh fiel am 5. Oktober 1813 in dieser Schlacht.[6] Die Umstände seines Todes sind bis heute ungeklärt geblieben. Der Ort seiner Bestattung wurde durch die Indianer geheim gehalten.[7]
Lake Champlain
[1] Mauer, K., Das neue Indianer Lexikon, Die Macht und Grösse der Indianer bis zu ihrem Untergang, Langen Müller, München, 1994, S. 349-354.
[2] Mauer, K., S. 350.
[3] Mauer, K., S. 261-268
[4] Mauer, K., S. 351
[5] Mauer, K., s. 353.
[6] Stammel, H.J., Indianer, Leben, Kampf, Untergang, Legende und Wirklichkeit von A-Z, Bertelsmann Lexikon-Verlag, Gütersloh und Berlin, 1977, S. 281/282.
[7] Mauer, K., S. 354.