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Wiederwahl von Donald Trump und die Auswirkungen?

(erschienen als Newsletter bei Portas Capital)

Wiederwahl dank Populismus und Nationalismus

Nachdem der Senat das Impeachment-Verfahren des Repräsentantenhauses abgeschmettert hat, dürfte sich der amtierende US-Präsident Donald Trump einer Wiederwahl stellen. Angesichts des fehlenden Charismas der demokratischen Herausforderer muss damit gerechnet werden, dass Donald Trump, sofern nicht Unvorgesehenes eintritt, die Wiederwahl gewinnen wird. Damit könnte er 2021 eine zweite Amtsperiode antreten. Wie während der ersten Amtsperiode dürfte seine Innen- und Aussenpolitik wieder durch Populismus und Nationalismus und damit durch seinen Slogan «America First» bestimmt sein.[i] Die Kernaussage dieser Politik ist Anti-Globalisierung und nicht Isolationismus. Diese Politik ist insbesondere das Ergebnis seiner Ablehnung des Internationalismus und des Multilateralismus der amerikanischen Liberalen. Diese Eliten sind Teil seines Feindbildes und jenes seiner Anhänger auf Akademiker. Seine Ablehnung des Internationalismus und der Verabschiedung der USA von der UNO hat Trump 2017 selbst wie folgt deklariert:[1]

«For too long, the American people were told that mammoth mulitnational trade deals, unacountable international tribunals, and powerful global bureaucracies were the best way to promote their success. But as those promises flowed, millions of jobs vanished and thousands of factories disappeared. »

Dieser Populismus und Nationalismus wird auch in der nächsten Amtsperiode die Aussenpolitik der USA bestimmen. Die Verabschiedung der USA aus weiteren internationalen Organisationen, wie die UNO und die NATO, ist nur eine Frage der Zeit.

Auch die Innen- und Wirtschaftspolitik Trumps wird das Ergebnis dieses Populismus und Nationalismus sein. Entsprechend seiner Neigung zur Autokratie und seiner Bewunderung für Diktatoren wird sich Trump über die Verfassung der USA setzen und sich um die Beschlüsse des Repräsentantenhauses foutieren. Die USA werden zunehmend den südamerikanischen Diktaturen des 19. und 20. Jahrhunderts ähneln. Trump dürfte weiterhin die Institutionen der Bundesregierung zu seinen Gunsten missbrauchen und seine politischen Gegner über Twitter schmähen.

Abhängigkeit von Putin?

Von allen Diktatoren, die die Aufmerksamkeit von Trump besitzen, wie der nordkoreanische Führer Kim Jong-un, der philippinische Präsident Rodrigo Duterte, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der chinesische Präsident Xi Jinping, steht ihm offenbar der russische Präsident Wladimir Putin am nächsten.[2] Dies obwohl die USA nicht nur durch Nordkorea und China bedroht werden, sondern die Russische Föderation der wirkliche geopolitische Herausforderer der USA sein dürfte. Alle diese Diktatoren führen übrigens eine ungebremste Aufrüstung mit konventionellen und teilweise auch nuklearen Waffen.

Im Gegensatz zu seiner auf den ersten Blick nicht erklärbaren Bewunderung für diese Diktatoren stehen seine Schmähungen der demokratisch gewählten Staatschefs der Alliierten der USA, wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel oder der kanadische Premier Justin Trudeau. Ergänzt wird dies durch seine Verachtung für die durch demokratische Staaten geführte Allianz der NATO, die er als obsolet bezeichnet hat.

Die Bewunderung von Trump für die Diktatoren ist einfach zu erklären. Er selbst möchte ohne die Kontrolle durch den Kongress und die Medien regieren. Seine immer wieder zu Schau vorgetragene Zuneigung zu Putin dürfte aber noch andere Ursachen haben. Dass zum russischen Machthaber eine besondere Beziehung besteht, kann unter anderem am Entschluss von Trump die US-Truppen aus Syrien zurückzuziehen. Dank diesem Entscheid hat Wladimir Putin zusammen mit den Totschlägern von Assad die Eroberung des grössten Teils des Ostens Syriens erreicht. Mit dieser Eroberung und der türkischen Intervention haben die syrischen Kurden nicht nur ihren Rückhalt der USA verloren, sie wurden aus den durch sie vom IS (Islamischen Staat) befreiten Gebiet verdrängt. Beinahe wäre man geneigt festzustellen, dass Trump gemäss den Anweisungen von Putin handelt. Der antizipierte Rückzug der USA aus dem Mittleren Osten hat es Russland mit verschiedenen Manövern ermöglicht das durch die USA hinterlassene Vakuum für die russische Geopolitik auszunützen. Dabei ist zu beachten, dass bis anhin die USA trotz des politischen Desinteresses von Trump immer noch beträchtliche Truppenbestände im Mittleren Osten stationiert haben.

Über eine Abhängigkeit von Trump vom russischen Machthaber wird seit der Amtseinsetzung dieses US-Präsidenten sinniert. Dazu gehört die Hypothese einzelner amerikanischer Schriftsteller, dass Trump im Solde von Putin steht und entsprechend seinen Befehlen agiert. Erst die Offenlegung seiner wirklichen finanziellen Verhältnisse wird darüber Klarheit schaffen.

Innenpolitische Auswirkungen der Politik und Regierung von Trump

Die Schmähungen der politischen Gegner durch Trump und seine bisherige Innenpolitik haben die schon früher bestehende Spaltung und Risse in der amerikanischen Gesellschaft vertieft. Dazu gehören die Gegensätze und Konflikte zwischen Hispanics und eigentlichen Amerikanern, zwischen Arm und Reich, zwischen Weissen und Schwarzen, zwischen Akademikern und Nichtakademikern. Durch seine Einwanderungspolitik und den angekündigten Bau der Mauer zu Mexiko dürften diese Risse noch verschärft worden sein.

Wie bereits erwähnt, würde Donald Trump am liebsten ohne die politische Kontrolle durch den Kongress regieren. Dazu dient ihm das verbale Anheizen der Konflikte in den USA. Für seine verbalen Attacken auf die liberalen Eliten kann er sich auf einen teilweise depossedierten Mob stützen.

Wer auch immer der Nachfolger von Trump sein wird, er wird als Herkulesaufgabe diese Risse in der US-Gesellschaft kitten müssen. Gelingt dies nicht, dann werden die USA politisch zerfallen. Der politische und wirtschaftliche Gegensatz zwischen den liberalen Staaten im Osten und am Pazifik gegenüber den «erzkonservativen» Staaten des Südens und des alten Westens sind bereits heute sichtbar.

Geopolitische Auswirkungen der Regierung von Trump

Der gegenwärtige Nutzniesser der Minderung der politischen Präsenz der USA im Mittleren Ostens dürfte Wladimir Putin sein. Diese Politik könnte durch den angekündigten Abzug der US-Truppen aus Afghanistan fortgesetzt werden. Dieser Abzug könnte zum Zusammenbruch der afghanischen Regierung von Ghani führen. Die Nutzniesser werden in jedem Fall die Taliban sein. Das Ziel dieser islamischen Fundamentalisten ist seit Ende 2001 das gleiche geblieben: Abzug der US-Truppen aus Afghanistan ohne Zugeständnisse durch die Taliban.

Sollten die USA unter Trump gar ihre Truppen aus Südkorea abziehen, dann wäre der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un der absolute Nutzniesser. Gleichzeitig würde die gesamte Region dadurch destabilisiert werden. Kim Jong-un hätte für eine militärische Eroberung des Südens freie Bahn. Japan wäre angesichts einer Nuklearmacht Korea gezwungen selbst Nuklearwaffen zu beschaffen. Neben den bisherigen Nuklearmächten China und Russland würde Nordostasien durch die Nuklearmächte Korea und Japan dominiert werden.

Was Europa betrifft, so könnte Trump seine Drohung des Rückzugs der US-Truppen wahrmachen. Mittel- und Osteuropa wäre ohne den nuklearen Schutzschirm der USA eine leichte Beute für russische Pressionen.

Das Endergebnis dieser Politik wäre der Rückzug der USA auf den nordamerikanischen Kontinent.[3]

Verhältnis zur EU

Die Sanktionen der USA gegenüber Deutschland angesichts des Baus der Erdgaspipeline Nord Stream 2 sind für die angespannten Beziehungen von Donald Trump gegenüber der EU beispielhaft. Die Liquidation dieser Organisation würde er, wie sein russischer Amtskollege Putin, sehr begrüssen. Wie dieser begrüsste er auch den Brexit des Vereinigten Königreichs (UK) aus der EU, dies ungeachtet der Möglichkeit, dass das UK in verschiedene Teilstaaten – Schottland, Nordirland, England – zerfallen könnte.

Droht ein Krieg mit China?

Die einzige Region, in der die USA bis anhin ihre militärische Macht gegenüber einem wirklichen Herausforderer demonstrieren, ist das Südchinesische Meer. Trotz der ungebremsten Errichtung von künstlichen Militärinseln durch China sind die USA nicht bereit diese Region kampflos aufzugeben. Durch einen Rückzug der USA aus dem Südchinesischen Meer könnte die Volksrepublik die Herrschaft über ganz Südostasien übernehmen und die Malakka-Strasse ungehindert kontrollieren. Dank dieser Kontrolle wären Taiwan und Japan China ausgeliefert. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Verlustes von Taiwan und Japan auf die amerikanische Volkswirtschaft wären enorm.

Mit der Präsenz ihrer Navy und ihrer Trägerkampfgruppen im Südchinesischen Meer versuchen die USA diese Entwicklung abzuwenden. Die Möglichkeit eines regionalen Krieges zwischen den USA und ihrem Herausforderer China ist denkbar.[4] Beide Mächte werden aber im jedem Fall die Eskalation zu einem wirklichen Krieg vermeiden wollen und dürften sich bei ihrer Konfrontation auch in der Zukunft auf die Drohung des Einsatzes ihrer Seestreitkräfte beschränken.

Werden die USA in der Zukunft nur noch eine Regionalmacht sein?

Die bisherige Aussen- und Sicherheitspolitik von Donald Trump lässt eine Gemeinsamkeit erkennen. Die USA ziehen sich aus Regionen, die sie seit 1945 dominiert haben, zurück und geben diese zugunsten der beiden Herausforderer Russland und China auf. Offenbar will Washington DC den bisherigen Status einer Weltmacht aufgeben. Dieser Rückzug bedeutet nicht, dass die USA ihren Militärapparat aufgeben werden. Im Gegenteil, die Modernisierung der Nuklearwaffen mit einer Finanzierung von 1’000 Milliarden Dollar ist beschlossen und wird in absehbarer Zeit Realität werden.

Die Aufgabe des Weltmachtstatus bedeutet die Aufgabe der Schutzmachtfunktion gegenüber den Alliierten Japan, Südkorea und Europa. Die USA könnten sich unter Trump und seinem Nachfolger mit dem Status einer Regionalmacht, die heute jener von Russland gleichen könnte, begnügen. Die bisherigen Alliierten dürften sich sehr bald mit dieser Entwicklung abfinden und die entsprechenden Konsequenzen ziehen müssen. Japan wird vermutlich nuklear aufrüsten. Die Europäer werden, wie es Macron und Merkel vor nicht allzu langer Zeit bereits angedeutet haben, ohne den Schutz der USA sicherheitspolitisch unabhängig werden müssen. Dies bedeutet aber eine konsequente Aufrüstung der Europäer. Ohne eine solche Aufrüstung können vor allem die Mittel- und Osteuropäer sehr bald zu politischen Vasallen von Moskau absinken. Die europäischen Volkswirtschaften könnten weiter florieren, aber der eigentliche Nutzniesser des Wirtschaftswachstums Europas wäre Russland.

 

 

[1] Löffleman, G., America First and the Populist Impact on US Foreign Policy, in: Survival, The International Institute for Strategic Studies, December 2019-January 2020, P. 120.

[2] Löffleman, G., P. 120.

[3] Glaser, J., Preble, Chr. A. and A.T. Thrall, Towards a More Prudent American Strategy, in: Survival, The International Institute for Strategic Studies, October-November, 2019, P. 25-41.

[4] Mandelbaum, M., Is Major War Still Obsolete?, in: Survival, October-November 2019, P. 65-70.